Warum in die Ferne schweifen?

Warum reise ich eigentlich? Und was reizt mich daran?

Viele Reisende möchten die Fremde kennenlernen – sich fühlen wie  Einheimische in einem fernen, fremden Land. Einige begeben sich dabei – tausende Kilometer von der Heimat entfernt – auf eine Reise zu sich selbst. Die Einen reizt das Abenteuer und die Anderen wollen wiederum einfach in der Sonne liegen. Doch warum zieht es mich in die Ferne? Und muss es überhaupt die Ferne sein?

Vielleicht enttäusche ich dich jetzt. Denn ich habe absolut nicht den Anspruch, überall, wohin ich reise, ein Local zu sein oder zu werden! Ich gehe nicht durch Wüstenerfahrungen auf die Suche nach neuen Aspekten meines Selbst,  mache kein Yoga, meditiere nicht und bin auch kein Minimalist! So – jetzt ist es raus!

Doch was treibt mich an? Einfache Frage, einfache Antwort: Egoismus!

Lister Hafen Blick auf Dänemark

Das Glücksgefühl.

Danach bin ich süchtig! Nach diesem Glücksgefühl. Kennst du den Moment, wenn dich der Blick über eine Landschaft, aufs Meer oder in einen Sonnenaufgang einfach nur glücklich macht? Du brauchst in diesem Augenblick nichts anderes.  Du willst einfach nur sein – sehen, hören, riechen, fühlen! Der Moment ist – so wie er ist – perfekt.

Sonnenuntergang auf Sylt am Weststrand.

Ich bin dann sehr emotional. Es kann sogar vorkommen, dass meine Augen feucht werden und meine Stimme versagt. Das kann ich nicht steuern – dieses Gefühl reißt mich einfach mit sich. Oft kommt es ganz unerwartet und manchmal habe ich schon vor der Reise so eine Ahnung.

Völlig überraschend hat es mich beispielsweise bei unserer Australienrundreise  auf Tasmanien erwischt. Wir kamen der Saffire Lodge an, gingen vom Empfang auf die riesige Fensterfront zu und blickten auf die Coles Bay und die Hazards im Abendlicht. Ein unendlich schöner Augenblick. Ähnliches ist mir an der Hanson Bay passiert – für mich der schönste Ort auf der Welt.

Sonnenuntergang Tasmanien Coles Bay und Hazards Mountains

So nah ist die Ferne.

Auch auf Sylt holt mich dieses Gefühl immer wieder ein. Zum Beispiel wenn ich morgens am menschenleeren Weststrand  in die Ferne hinausschaue, den Wind spüre und das Meer rieche. Ich muss für dieses Gefühl also nicht mal in die Ferne schweifen – diese Momente können auch plötzlich durch eine ganz besondere Stimmung, einen außergewöhnlichen Lichteinfall oder eine unerwartete Tierbegegnung im Wald um die Ecke entstehen.

Den Moment teilen.

Ich reise nicht gerne allein. Ich möchte meine Eindrücke teilen – und zwar sofort. Arm in Arm mit meinem Mann zu sein, wenn die Momente besonders schön sind. Sich darüber auszutauschen, was gerade passiert, was wir sehen, was wir fühlen. Die Welt gemeinsam zu erleben. Alle meine Reisen wären ohne ihn nur halb so schön gewesen – und das meine ich ernst. Ich liebe es, mit ihm während der Zeit zu Hause über unsere Reisen zu sprechen. Dabei kann es mir passieren, dass mich wieder dieses Glücksgefühl erwischt. Diese schönen Erinnerungen kann uns niemand mehr nehmen.

Blick auf Wetterstein-Gebirge am Schloss Elmau.

Auch die Vorfreude und Reiseplanung genieße ich lieber zu zweit: Das Reisefieber erfasst uns, wir schmieden gemeinsam Pläne und suchen nach passenden Hotels und Touren. Sobald die ersten Unterlagen und Bestätigungen eintrudeln, zählen wir die Tage, bis es endlich losgeht.

Ehrfurcht.

Auch wenn ich kein Minimalist bin und mich auch nicht zu den vielen Reisenden zähle, die einen spirituellen Anspruch haben: Ich bin achtsam und ehrfürchtig – auf meine Weise! Es ist vor allem die Natur, die in mir die oben beschriebenen Glücksgefühle hervorruft. Ich habe große Ehrfurcht vor dieser Natur und ich liebe sie aus tiefstem Herzen. Kein von Menschenhand erschaffenes Produkt kann mich so glücklich machen wie der Blick über eine Bucht oder in den Sternenhimmel.

Niemals würde ich Müll irgendwo liegen lassen, fragwürdige tierische Souvenirs kaufen oder abseits der vorgegebenen Pfade den Wald platt trampeln. Unsere Hotels und Touren suchen wir deshalb immer auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit aus. Auch spende ich aus Überzeugung für Umweltschutzorganisationen – besonders Sea Shepherd liegt mir am Herzen.

Egoismus.

Nenn mich „zu emotional“, aber diese Glücksmomente werden oft überschattet von tiefer Trauer. Ich trauere ernsthaft um die Erde und bin wütend, dass wir Menschen sie so achtlos zerstören.

Als ich zum Beispiel das Great Barrier Reef von oben sehen durfte, war ich zunächst nur erfüllt von purem Glück. Später am Tag kamen jedoch die Gedanken in mir hoch, wie sehr dieses Naturwunders bereits zerstört worden ist. Mich ärgert es, dass die australische Regierung wirtschaftliche Interessen dem Schutz des Riffs vorzieht. Doch auch wir Reisende sind ein Teil dieser Entwicklung, schon allein durch den Schadstoff-Ausstoß unserer Transportmittel.

Sylt Strand Sandsturm

Zwiespalt.

Nein, ich bin nicht frei von Mitschuld an der Zerstörung der Natur – auch wenn ich grundsätzlich auf Nachhaltigkeit achte und gerne Diskussionen über Umweltschutz anstoße. Doch wer ist das schon? Jeder Tourist – mag er sich auch Öko-Reisender nennen – ist beteiligt an dieser Entwicklung. Letztendlich sind die Gründe zu Reisen im Grunde alle rein egoistisch: Man möchte die Welt mit ihren Naturwundern sehen und trägt damit automatisch zu ihrer Zerstörung bei.

Daintree Nationalpark

Jessica von Yummy Travel hat die Frage „Warum in die Ferne schweifen?“ gestellt. Auf ihrem Blog haben noch andere Reiseblogger diese Frage beantwortet – mit ganz unterschiedlichen Gedanken zu dem Thema. Schau doch mal bei ihr vorbei.

Hier habe ich ein paar Bilder unserer wundervollen Erde für dich:

Whitehaven Beach &  Great Barrier Reef –  Sylt im Winter – Amerika & Hawaii – Die Malediven

Was ist deine Motivation zu reisen? Hast du dir auch schon mal Gedanken über deinen ökologischen Fußabdruck gemacht?

Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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17 Kommentare

  1. Ich gestehe, ich hab das noch nie so wirklich hinterfragt, das Warum…es ergab sich einfach so. Nach einem Solotrip nach Australien war das Eis irgendwie gebrochen und während meiner Fernbeziehung ist es komplett weggeschmolzen. Das einzige, was ich bedauere, ist, dass ich es nicht wie Du mit jemandem teilen kann….geteilte Freude ist doppelte Freude… 🙂

  2. Wie heißt es doch so schön? Reisen bildet und ja es ist sicher wirklich so. Man erweitert seinen Horizont. Ich bereue eher, dass ich so viel nicht gemacht habe..dass ich die mit Ende 20 geplante Neuseeland-Reise wegen dem Job und auch plötzlichen Bedenken abgesagt habe. So jung komme ich da nie mehr hin und mittlerweile fliege ich nicht mehr gerne weite Strecken.

  3. Pingback: Warum in die Ferne schweifen? -Reiseblog Yummy Travel -

  4. Hallo Sabine,

    toll geschrieben. Ich denke ebenfalls so, wie Du. Schlimm ist für mich, dass wir so viele Umweltsünden begehen, dass wir den Überblick verlieren. Und noch schlimmer ist es, wenn wir unter dem Begriff Nachhaltigkeit Umweltsünden begehen. Eigentlich ist Reisen schon eine Umweltsünde. Aber andersherum können wir auf unseren Reisen erkennen und lernen. Ich glaube, das ist ganz wichtig.

    Viele Grüße
    Peter

  5. Hallo Sabine,

    ich glaube Glück, Freude oder Spaß will jeder auf seinen Reisen haben. Mit der der Umwelt geht es mir genau so wie Dir. Obwohl ich dem Thema aufgeschlossen gegenüberstehe, reise ich gerne und noch schlimmer, ich verdiene mir damit auch noch meine Brötchen. Anderseits würde ich nicht Reisen, hätte ich das Ausmaß unserer Umweltsünden nicht so deutlich gesehen. Wichtig ist doch, dass wir begreifen, dass wir etwas tun müssen.

    Viele Grüße Peter

  6. Pingback: Warum in die Ferne schweifen? - 33 Antworten - Reiseblog Yummy Travel

  7. Hallo Sabine,

    ich fühle total was du meinst und erkenne mich selbst auch in deinen Worten wieder. Der Egoismus, der Widerspruch eigentlich die Welt nicht zerstören zu wollen und dennoch dazu beizutragen. Ich reise auch nicht gerne alleine, deshalb schleppe ich immer meine Familie mit oder reise mit einer Freundin. Auch ich brauche den direkten Austausch über Erlebtes sofort oder auch später als gemeinsame Erinnerung. Und auch ich bin total gefühlsduselig. Mein emotionalster Moment war am Mara Fluß, wo ich Rotz und Wasser geheult habe, als ein Krokodil ein kleines Gnu „gerissen“ hat. Ein wirklich sehr schöner Beitrag!

    Liebe Grüße
    Anja

    • Liebe Anja,
      ganz herzlichen Dank für deine Worte!
      Ich freue mich, dass ich nicht alleine mit meinen Gefühlen über das Reisen bin.
      Liebe Grüße
      Sabine

  8. Du sprichst mir aus der Seele, Sabine. Dieses Glücksgefühl macht das Reisen aus – achte darauf, dass Du das nicht verlierst. Ich war ja lange Jahre immer wieder an denselben Orten unterwegs, auch wenn sie auf der ganzen Welt verstreut waren, und ich vielleicht nur alle paar Jahre erneut an einen Ort kam, den ich schon kannte. Irgendwann jedoch waren mir diese Orte so vertraut, dass sie zur Gewohnheit wurden.

    Trotzdem fragte ich mich immer, es muss doch noch etwas anderes geben als die Highlights, die wir auf den organisierten Reisen ansteuerten. Erst seit ich 2001 meinen Reiseblog begonnen habe, entdecke ich ständig neue Orte, Aktivitäten und Menschen, die mir dieses Glücksgefühl wieder vermitteln. Danach bin ich ebenso süchtig. Inzwischen weiß ich, dass so viel mehr auf unserer Erde vorhanden ist als die Highlights bestimmter Länder. Genau danach begeben wir uns auf die Suche. Eine spannende und sehr befriedigende Art des Reisens.

    • Liebe Monika,

      ganz herzlichen Dank für deine Worte! Ich verstehe genau was du meinst und kann eure Art zu Reisen nur völlig nachvollziehen!
      Ich wünsche euch alles Gute!
      Liebe Grüße
      Sabine

  9. Liebe Sabine,

    ich glaube, tief in mir treibt mich auch der Egoismus an! Ich bin süchtig nach den einzigartigen Momenten und jeder Tag ohne einen solchen fühlt sich fast verschwendet an. Und ja, ich teile auch deine Trauer und oft habe ich ein schlechtes Gewissen. Mein ökologischer Fußabdruck ist nicht gerade toll… Und ich bin auch nicht stolz drauf. Ich gebe mir sonst große Mühe, nachhaltiger zu leben, aber wahrscheinlich reißen die Flüge das wieder raus.

    Danke auf jeden Fall für den Artikel und den Anstoß zum Nachdenken!

    Liebe Grüße,
    Barbara

    • Liebe Barbara,

      ja, es ist ein Dilemma und ich verstehe gut, wie du fühlst und auch deine Sucht!
      Ganz herzliche Grüße
      Sabine

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