Pöttekieker auf dem Zuckerhütl.

Der Ruhrpott – meine Heimat – hat viel zu bieten. Neben der außergewöhnlichen Industriekultur findest du im Pott auch Menschen mit großem Herzen und der liebenswürdigen »Malocher« Mentalität.
Mein lieber Freund Stefan Opgen-Rhein ist so ein Original. Seine herzliche aber kompromisslos direkte Art hat auch das Fernsehen entdeckt. So kann es sein, dass du ihm schon mal bei dir im Wohnzimmer beim Kochen zugeschaut hast. Neben der Führung seines Cateringunternehmens „Aufgetischt“ und den TV-Auftritten ist Stefan begeisterter Bergsteiger.
Im September hat er den Tiroler Zuckerhütl bestiegen. Als echter Koch – Freak packte er auf dem Gipfel seinen Gaskocher aus und zauberte auf 3.508 Metern Höhe Rehrücken-Medaillons mit Klößen, Wurzelgemüse, Champignons & Rotweinrahmsauce. Ich freue mich, dass er für Fratuschi ein sehr persönliches Interview gegeben hat und uns auch einige Fotos von der Bergtour zeigt.

Stefan Opgen-Rhein kocht auf dem Gipfel

Wann hast du das Wandern für dich entdeckt und wie wurde Klettern bzw. Bergsteigen daraus?

Stefan Opgen-Rhein: Von der Höhenangst zur Sucht.

Früher bin ich immer ans Meer gefahren und bin surfen gegangen. Vor 7 Jahren dann wollten meine Frau und die Kinder den Sommerurlaub in den Bergen verbringen. So waren wir das erste Mal in Österreich und ich stellte mich einer meiner größten Herausforderungen: Meiner Höhenangst!
In dem damaligen Sommer konnte ich nur Wege gehen, die 10 Meter breit waren und ich so genug Abstand vom Abgrund hatte. Doch die Natur hat mich seit Beginn dieser Wanderung in ihren Bann gezogen. Drei Jahre lang habe ich mich zwar immer etwas mehr getraut beim Wandern aber die Höhenangst war nicht in den Griff zu bekommen. Freunde hatten dann eine Idee und schenkten uns einen Kurs in einer Kletterhalle. Für jemanden der schon auf einer Leiter Angst hat, war das die absolute Konfrontations-Therapie. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich mir niemals träumen lassen, dass mich der Fels mal so magisch anziehen würde.
Knapp ein halbes Jahr später saß ich im Flieger Richtung Türkei. Mein erster Kletterurlaub, dort lernte ich dann den gewaltigen Unterschied zwischen Halle und Fels kennen.
Seitdem bin ich süchtig danach. Im letzten Jahr ist dann auch noch das Bergsteigen dazu gekommen. Die Höhenangst habe ich übrigens nie ganz überwunden, aber ich habe gelernt, damit umzugehen.

Höhenangst Bergsteigen
Zuckerhütl Panorama

Was fasziniert dich am Bergsteigen?

Freiheit auf dem Dach der Welt.

Es ist purer Naturgenuss! Du bewegst dich die ganze Zeit abseits der Touristenströme – es sei denn im Sommer auf einem der begehrtesten Alpengipfel. Die Einsamkeit nachts und früh morgens auf dem Berg ist Luxus pur!
Als Koch arbeitest du fast ausschließlich in geschlossenen Räumen. Es ist meist laut und hektisch, deshalb liebe ich diese Ruhe am Berg. Auch die Erhabenheit und die gewaltige Größe dort oben haben es mir angetan.
Die Berge geben mir ein Gefühl von Freiheit und die Kraft, alles schaffen zu können.
Am besten kann ich es mit den Erlebnissen beschreiben, die mich so sehr beeindruckt haben: Der nächtliche Sternenhimmel ist unglaublich, und wenn du einmal ein Gewitter dort erlebt hast, dann bekommst du eine Vorstellung von den Naturgewalten. Wenn du nach 8 Stunden wandern in der Einsamkeit eine Pause machst und dann deinen ersten Steinbock siehst, ist das ein großartiges Gefühl.
Als ich dieses Jahr im September zum ersten Mal auf einem Gletscher war, habe ich wieder eine völlig neue Erfahrung gemacht. Allein die Akustik dort ist völlig anders. Am besten beschreibt dieses Gefühl wohl der Ausdruck: Auf dem Dach der Welt sein! Oben auf dem Berg ist die Natur für uns Städter so unwirklich und lebensfeindlich, sich dort zu bewegen und zu beweisen, dass du es schaffen kannst, macht sicherlich einen Teil des Reizes aus.
Auch Teamwork ist ein wesentlicher Aspekt! Auf dem Rückweg dieser Gletschertour bin ich bis zur Brust in eine Spalte gefallen. Deswegen ist das Gehen am Seil mit mindestens einem Partner, auf den du dich verlassen kannst, lebenswichtig.

Stefan Opgen-Rhein Koch auf Gletscher
Österreich Stefan Opgen-Rhein

Welche Gerichte empfiehlst du vor und welche nach dem Bergsteigen?

Vor der Tour.

Die Ernährung spielt am Berg eine überraschend wichtige Rolle! Die Touren gehen manchmal bis zu 12 Stunden, so dass du für ausreichend Energie sorgen musst. Am Abend vor dem Aufstieg ist es wichtig, die Bunker mit Kohlehydraten zu füllen.  Dazu eignen sich Nudeln, am besten aus Vollkorn. Ein paar Tomaten und Kräuter dazu – fertig! DU solltest keine Zwiebeln oder Kohlgemüse verwenden, diese blähen und das Einschlafen vor einer Gipfeltour fällt vor Aufregung schon so schwer genug.

Eine Alternative sind Kartoffeln. Das darin enthaltene Vitamin C unterstützt -besonders bei Minusgraden- die körpereigenen Abwehrkräfte. Ich esse morgens vor der Tour am liebsten langkettige Kohlehydrate. Hier eignen sich Müslis mit hohem Vollkornanteil, Nüsse und frisches Obst.
Wenn du vor Aufregung keinen Bissen runter bekommst, pack einfach alles in einen Mixer. Etwas mehr Milch dazu geben und fertig ist dein Bergsteiger-Smoothie. Mein ganz persönliches Ass im Ärmel ist das Ei. Es regt die Verdauung an und so kann ich »erleichtert« auf Tour gehen.

Tour und Tal.

Während der Tour solltest du genug Wasser trinken – pro Stunde etwa einen halben Liter. Ich nutze dazu gerne ein Trinksystem in meinem Rucksack. Etwas warmer Tee oder Kaffee für die Pause rappeln den Körper nochmal auf, wenn die Konzentration nachlässt. Nimm nur leicht verdauliche Nahrungsmittel mit, etwa Haferriegel oder die klassische Energiebombe: Bananen.

Wenn du dann sicher auf der Hütte oder im Tal angekommen bist, darf es ein Bierchen sein. Geht es allerdings am nächsten Tag direkt weiter, dann bitte ohne Alkohol. Wenn du keinen weiteren Aufstieg vor der Brust hast, dann kannst du nach Herzenslust essen aber Achtung: Der Körper sehnt sich jetzt zwar nach deftiger Kost aber durch die extreme körperliche Anstrengung ist der Magen gereizt.
Nicht selten bekommt einem allzu fettige Kost dann nicht gut. Ich rate dir zu Kartoffeln und einem mageren Stück Fleisch, am liebsten Geflügel, da es leicht verdaulich ist. Ein Dessert darf es dann auch noch sein, zum Beispiel ein Kaiserschmarrn. Dazu trinke ich gerne ein Weizen, dass ist isotonisch und fördert die Regeneration.  Um das Erlebte gebührend zu würdigen, gönne ich mir dann zum Ende einer Bergtour ein mehrgängiges Menü mit passender Weinbegleitung.

Bergsteigen und Wandern Zuckerhütl
TV Koch Stefan Opgen-Rhein klettert gerne

Ich weiß, dass Nachhaltigkeit für dich immer ein großes Thema ist. Was magst du anderen Bergsteigern dazu mit auf den Weg geben:

»Was du mit auf den Berg genommen hast, nimmst du auch wieder mit runter!«

Das bedeutet, dass alle Verpackungen zum Bespiel von Riegeln oder Getränken und auch Taschentücher gesammelt und wieder mit ins Tal genommen werden. Den meisten Bergsteigern ist das klar, denn wenn wir unsere wunderschöne Bergwelt weiter erhalten wollen, dann müssen wir sie auch achten und schützen.

Dazu gehören ebenso die Hütten. Diese werden meist von den Alpensvereinssektionen mit viel Aufwand gebaut, denn alle Materialien müssen per Helikopter transportiert werden. Das gilt natürlich auch für die Versorgung. Deshalb solltest du auch dort sorgsam mit den Ressourcen umgehen. Nachhaltigkeit hat hier oberste Priorität!

Weg ins Tal Zuclkerhütl
Huette Zuckerhütl

Ich bedanke mich herzlich bei Stefan Opgen-Rhein für dieses Interview und bei seinem Bergsteiger-Kollegen Martin Stürznickel für die Zurverfügungstellung seiner Fotos. Schau doch mal auf der Facebookseite von Stefan Opgen-Rhein vorbei, dort findest du tolle Rezepte und Veranstaltungen.

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27 Comments

  1. Das war wirklich spannend zu lesen. Und solche Tipps zur Ernährung beim Wandern vom Kochprofi liest man selten.

    Die Faszination der Berge kann ich selbst sehr gut nachvollziehen und stelle mir vor, das es mit Höhenangst eine echte Herausforderung darstellt.

    Ganz besonders spannend fand ich aber die Fotoserie, wie ein gutes Essen oben auf dem Gipfel auf dem kleinen Gaskocher entsteht. Echt klasse.

    Herzliche Grüße
    Daniela

    • Liebe Daniela,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass dir das Interview gefallen hat!
      Herzliche Grüße
      Sabine

  2. Was für ein interessanter Artikel! Bewundernswert finde ich, wie er sich seiner Höhenangst stellt. Das habe ich bisher noch nicht geschafft. Das selbst gekochte Essen auf dem Gipfel hätte ich gerne probiert. Eine tolle Geschichte!

    • Hallo Monika und Petar,
      ich finde es auch sehr beeindruckend, wie er von der Angst zur Sucht gekommen ist.
      Viele Grüße
      Sabine

  3. Toller Artikel und ich bekomme gerade Lust auf Berg wandern. Wird wohl bis in den Frühling dauern, bis das wieder möglich ist. Liebe Grüße, Claudia

  4. Sehr interessantes Interview mit tollen Fotos. Bemerkenswert, wie er es geschafft hat von seiner Leidenschaft Surfen zum Bergsteigen umgesattelt ist. Sein Statement zur Nachhaltigkeit kann man nicht oft genug wiederholen!

    Viele Grüße,

    Anne

    • Hallo Anne,
      ich freue mich, dass dir das Interview gefällt. Danke für deinen Besuch hier auf dem Blog!
      Herzliche Grüße
      Sabine

  5. Super Interview und sehr sympathisch 🙂 Einmal in eine Gletscherspalte zu fallen ist bestimmt erst einmal ein riesen Schock! Gut, dass nicht passiert ist. Nichtsdestotrotz macht dein Bericht Lust sofort auf einen Berg oder Gletscher zu steigen. Selbst gekochte Mahlzeiten in den Bergen sind bestimmt auch etwas tolles. Deine Fotos sehen zumindest nach einem tollen Erlebnis aus 🙂

    • Hallo Kuno,
      ja, Stefan ist wirklich ein ganz sympathischer Mensch! Ich kann mir den Schock auch gut vorstellen.

      Viele Grüße
      Sabine

  6. Total verrückt, dass er dort oben noch solch ein Menü zaubert 😀 Aber deswegen ist er ja wohl auch Koch geworden. Seine Aussagen kann ich jedenfalls sehr gut nachvollziehen. Gut, dass er auch noch einmal ein Wort zu Nachhaltigkeit fallen lässt – leider wird das von einigen doch immer wieder mal vernachlässigt…

    • Hallo Bine,
      sehe ich auch so: Man kann das Thema Nachhaltigkeit nicht oft genug ansprechen.
      Liebe Grüße
      Sabine

  7. Liebe Sabine,

    ein ganz grossartiges Interview. Es war total spannend zu lesen, wie sich ein Koch so auf dem Berg ernährt und warum. 😉
    Das Interview macht direkt Lust auf eine Wandertour und erinnert mich wieder daran, warum ich Berge so gerne mag. 🙂

    Viele liebe Grüsse
    Kathi

    • Hallo Kathi,

      ich freue mich, dass dir die Ernährungstipps und das Interview gefallen. Danke für deinen lieben Kommentar.
      Herzliche Grüße
      Sabine

  8. Auf 3.508 Metern Höhe mit dem Gaskocher Rehrücken-Medaillons mit Klößen, Wurzelgemüse, Champignons & Rotweinrahmsauce zuzubereiten, wow, mein höchster Respekt! Beim Zelten in Schottland war ich schon froh, wenn ich ein Steak mit Zwiebeln hinbekam.

    Gut nachvollziehen kann ich, dass Stefan die Akustik in der Einsamkeit der Bergwelt beeindruckt. Das kann schon süchtig machen in unserer lauten Zeit.

    Jetzt wo ich gelernt hab’, dass ein Weizen isotonisch ist und die Regeneration fördert, sag’ ich mal „Prost“.

    • Hallo Wolfgang,

      also Zelten und dabei Steak und Zwiebeln kochen finde ich schon beeindruckend!
      Prost 🙂
      Viele Grüße
      Sabine

  9. Hallo Sabine,

    Das ist ja ein ganz anderer Blickwinkel! Ich esse ja gerne und kriege einiges über Köche mit, die ja oft sehr direkt leben und agieren, daher hat mich der Bericht sehr gefreut. Höhenangst, dann doch die Felsspalte, wow… Respekt!

    Ich mache ja keine Hochgebirgstouren, aber auch, wenn ich nur einige Stunden unterwegs bin, merke ich, dass Ernährung wichtig ist. Trinken sowieso; ich wundere mich manchmal, dass manche Wanderer nichts zu trinken dabei haben.

    Die Fotos sind auch ein Traum. Ganz toller Bericht, danke!

    Liebe Grüße
    Barbara

    • Liebe Barbara,
      ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich sehr, dass dir der Artikel so gute gefallen hat.
      Herzlichst
      Sabine

  10. Ralf Falkowski Reply

    Hallo Sabine, wie cool ist das denn. Ein TV-Koch aus dem Ruhrgebiet der genauso gerne wie ich in die Berge fährt und dann auch noch dabei auf dem Gipfel kocht und noch viel spannender ist es, dass Stefan damit zu sich selbst und somit seine Höhenangst überwunden hat. Reisen ist Entdecken – auch das der Geist und der Körper Ängste überwinden kann, Tolles Interview! Liebe Grüße Ralf

  11. Hallo Sabine,
    sehr cooles Interview! Wirklich beeindruckend wie Stefan den Weg vom Höhenangst-Geplagten zum ambitionierten Bergsteiger gemeistert hat. Und die Kochaction oben auf dem Gipfel ist ja wohl der Hammer! Da hätte ich auch gerne mal probiert 🙂
    Liebe Grüße,
    Marion

    • Liebe Marion,
      Danke dir für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass dir das Interview gut gefallen hat.
      Herzlichst
      Sabine

  12. Sehr spannender Bericht und ganz nach meinem Geschmack – das Bergsteigen gehört nämlich auch zu meinen Lieblingshobbies. Ich glaube sogar, dass ich auch ein wenig süchtig danach bin 😉
    glg aus Ecuador
    PS: Hammer Fotos!

    • Hallo Michaela,

      ich freue mich, dass dir der Bericht von Stefan gefallen hat. Es gibt schlimmere Süchte 😉
      Herzliche Grüße nach Ecuador!
      Sabine

  13. Hallo Sabine,

    mit frischen Zutaten auf das Zuckerhütl in den Stubaier Alpen. Da werden Erinnerungen bei mir wach, denn ich war vor einigen Jahren bei meiner Trekkingtour auf dem Stubaier Höhenweg unterwegs und bin nebenan auf den Wilden Freiger gestiegen. Herrlich diese Aussicht dort oben…

    Gruß Mario

    • Hallo Mario,
      ich kenne die Aussicht ja nur von Stefan Opgen-Rheins Erzählungen und Bildern aber sie sieht wirklich fantastisch aus!
      Lieben Dank für deinen Kommentar!
      Sabine

  14. Pingback: Rezept Spinatknödel von Fernsehkoch Stefan Opgen-Rhein

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